NEIN – eine Herausforderung in 4 Buchstaben?!

Eigentlich ist es doch ganz leicht: „Nein, nein und nochmals nein!“  Oder etwa doch nicht??

Häufig werde ich gefragt, warum es so schwer ist, klar und deutlich „Nein“ zu sagen. Gemeint ist dabei natürlich nicht die Antwort auf Fragen wie „Wissen Sie, wann die nächste Bahn fährt?“.

Stattdessen geht es um Themen, die eine klare Positionierung verlangen und sich auf uns selbst beziehen. Schon die einfache Frage „Geht es dir gut?“ stellt Menschen oft  vor eine Hürde, wenn die Wahrheit „Nein“ lautet. Ähnlich geht es vielen, die um einen Gefallen gebeten werden, welchen sie eigentlich nicht erbringen wollen oder können.  Auch das deutliche Benennen der eigenen Meinung oder das Sorgen für die eigenen Bedürfnisse benötigt in der Regel klare Feedbacks, die manchmal schwierig auszusprechen sind. Die Folgen sind dann Ausreden, Überforderungen, Konflikte oder schlichtweg das Aushalten von Situationen, die uns widerstreben.

Aber was macht es nun so schwer?

Als Kinder konnten wir alle ganz wunderbar „Nein“ sagen und haben damit so manchen Elternteil an den Rande der Verzweiflung gebracht. In der sogenannten Autonomie- oder Trotzphase ist es die Aufgabe von Kleinkindern, ihre Standpunkte sowie ihren Willen mit Nachdruck deutlich zu machen und die Reaktionen der Erwachsenen zu testen. Die Herausforderung der Eltern ist es dann, ihren Kindern einen sozialverträglichen Umgang mit dem Wort „Nein“ und auch mit ihren Bedürfnissen bzw. Wünschen beizubringen. Aber nicht nur das. Auch beobachten Kinder ganz intensiv, wie Erwachsene – insbesondere ihre nahen Bezugspersonen – selbst mit dem Setzen von Grenzen, dem Aussprechen von Meinungen und grundsätzlich mit der Transparenz ihrer Emotionen umgehen. Aus all diesen Erfahrungen bildet sich beim Heranwachsenden ein individuell geprägter Umgang mit sich und anderen, welcher immer wieder neuen Alltagstests unterzogen und dadurch korrigiert oder beibehalten wird.

Vielen Menschen fällt es also schwer, „Nein“ zu sagen, weil sie das Setzen von Grenzen schlicht und ergreifend nicht gelernt bzw. negative Erfahrungen damit gemacht haben oder diese befürchten.

In meinen Beratungen geht es in Bezug auf das Setzen von Grenzen immer wieder um die gleichen Befürchtungen: „Was könnte der andere von mir denken?“, „Welchen Eindruck hinterlasse ich?“ oder „Habe ich überhaupt das Recht, meine Bedürfnisse durchzusetzen?“. Und richtig „brenzlig“ wird es für viele, wenn nicht einschätzbar ist, wie der andere reagieren wird, oder ob (wie beispielsweise im Berufsleben) nachhaltig negative Konsequenzen entstehen könnten.

Und trotzdem – es geht einfach nicht ohne! Ein klares „Nein“ hat nämlich auch viele Vorteile:

  • Der Gesprächspartner erhält eine deutliche Information zu Ihrem Standpunkt
  • Es schützt vor Missverständnissen, Interpretationen und „bösen Überraschungen“
  • Es vermeidet das Schüren von Hoffnungen, welche später enttäuscht werden
  • Es drückt Selbstbewusstsein und Stärke aus
  • Es schützt Sie und Ihre Gesundheit
  • Es ermöglicht Planbarkeit und Transparenz
  • Es vereinfacht die Zusammenarbeit
  • Es geht blitzschnell – innerhalb von einer Sekunde 😉

Also lassen Sie uns doch von den Kindern lernen und dem Wort „NEIN“ die Chance geben, sich als das zu zeigen, was es ist: 4 Buchstaben, die Klarheit schaffen!

Herzlichst Mareike Fährmann